Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 19:10

Gleich vorweg, ich wollte in diesem Jahr gar nicht in eine Jedermann Aufführung gehen. Ich war vor zwei Jahren, und davor auch schon einige Male. Das Thema ist mir sozusagen sehr bekannt. Und nein auswendig kann ich den Text noch nicht.

Ensemble bei der Pressekonferenz

Dann hatte ich vor Beginn der Festspiele die wirklich tolle Gelegenheit an der Jedermann Pressekonferenz teilzunehmen. Fast das gesamte Ensemble war vor Ort und viele der Schauspieler kamen auch zu Wort. Der Jedermann besteht ja nicht nur aus Jedermann und Buhlschaft, auch wenn das nach außen durch die zahlreichen Presseartikel so scheinen mag.

Große Namen auf der Jedermann Bühne

Auch heuer treten wieder namhafte Schauspieler und Schauspielerinnen auf der Bühne am Domplatz auf. Wobei man sagen muss, dass außer einer einzigen Aufführung bislang alle anderen im Großen Festspielhaus gegeben werden mussten. Das leidige Wetter ist der Grund dafür. Ich bin schon lange ein Fan der großartigen Edith Clever, die heuer die Rolle des Todes übernommen hat. Mavie Hörbiger ist auch wieder zusehen, gleich in zwei Rollen, zu Beginn als Gott und später als Teufel, der sehr witzige Züge hat. Beachtenswert wieder einmal das Schuhwerk des Teufels, oder besser der Teufelin.

Genderfluid als Stichwort

Frauen in Männerrollen sind am Theater nicht neu, jetzt im Zuge der Genderdiskussion bekommen diese Auftritte noch mehr Aufmerksamkeit. Nicht nur einmal ist mir im Zusammenhang mit der heurigen Inszenierung der Begriff Genderfluid untergekommen. Das drückt sich auch in den Kostümen aus. Ganz ehrlich, für mich ist der Schritt zur ersten Jederfrau nicht mehr weit. Denn letztlich sind in diesem Stück alle Rollen geschlechtsneutral.


Lars Eidinger und Verena Altenberger, einfach großartig

Und der wirkliche Grund, nein die Gründe, warum ich dann doch noch unbedingt das meist aufgeführte Stück der Salzburger Festspiele sehen wollte, sind Lars Eidinger und Verena Altenberger. Beide habe ich in jeweils einer Rolle in Erinnerung, die wohl ewig im Gedächtnis bleiben wird. Eidinger spielte in der TV Serie Babylon Berlin einen durchgeknallten Großindustriellen und Altenberger hat sich als drogensüchtige Mutter in Die beste aller Welten eingeprägt.

Festspielhaus statt Domplatz

Ich hatte große Glück überhaupt noch eine Karte zu ergattern. Mitte Juni, gab es wegen der aufgehobenen Corona Regelungen plötzlich noch sehr viele Karten, das hatte sich aber schlagartig geändert. Gut zwei Stunden vor Aufführungsbeginn hieß es noch, das Stück könne am Domplatz gespielt werden. Als ich mich kurz vor acht Uhr auf den Weg machte, war der Regen schon im Anmarsch. Und somit fand das Stück Indoor statt. Auch, wenn ein wenig das Ambiente einer Freiluft Aufführung fehlt und die Jedermann-Rufer nicht auf irgendwelchen Häusern und Stadtbergen herumstehen, auch das Große Festspielhaus ist eine ideale Spielstätte.

Die jährliche Diskussion über das Aussehen der Buhlschaft

Zwei Stunden saß ich gebannt auf meinem Stuhl und folgte staunend der Darbietung. Und ich wurde nicht enttäuscht. Eidinger und Altenberger geben ein richtiges Liebespaar auf Augenhöhe. Altenberger ist nicht das sexy Weibchen mit hoch gezurrtem Busen. Sondern tänzelt in einem roten, schulterfreien Jumpsuit über die Bühne. Zu Beginn noch mit einem passenden Umhang. Einige Male musste ich an die jährliche Diskussion über die Robe der Buhlschaft denken und den heurigen Aufreger über die Stoppelglatze von Verena Altenberger. Die ist für mich sehr schwer nachvollziehbar, denn wo steht geschrieben, dass nur langhaarige Frauen in üppigen, körperbetonten Kleidern eine Geliebte darstellen können?

Und Eidinger stellt auch nicht den weltmännischen Großbürger dar, sondern eher den reichen Erben, der selbst nicht viel auf die Reihe bekommt.

Akrobatik mit Mirco Kreibich

Besonders beeindruckt hat mich auch Mirco Kreibich, der sowohl einen Schuldknecht als auch den Mammon großartig spielt. Und zwar inklusive akrobatische Einlagen.

Trotz etwas beengter Atmung durch die FFP Maske, ja, für mich ist das echt beschwerlich, war Jedermann 2021 ein fantastische Abend.

Hier geht es zu meinem ganz persönlichen Festspiel-Guide mit vielen Informationen rund um das Kulturfestival.

Fotocredit © SF / Matthias Horn