Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 19:09

Im September folgte ich einer Einladung an den Millstättersee. Diese Einladung war gespickt mit einem dichten Programm. Fischen, Radeln, Wandern und auch Schwimmen. Schwimmkurs für Schwimmer, um genau zu sein, stand da am Programm. Ich muss da gleich erwähnen, dass ich seit meiner Krebserkrankung große Probleme mit kalten oder frischem Wasser habe. Meine ganzen Operationsnarben mögen das nicht sonderlich. Vor allem jene am Hals, die ist da besonders empfindlich. Das hat zur Folge, dass ich seit Jahren Wasser unter 25 Grad meide.

Schwimmkurs im Millstättersee

Der Millstättersee hatte Mitte September rund 23 Grad, also unter meiner Betriebstemperatur. Trotzdem bin ich zum Schwimmkurstermin angetreten, nicht ohne von meiner Problematik zu berichten. Ich fand das Thema ziemlich spannend und wollte mir die Theorie dazu anhören. Man glaubt ja, nur weil man seit 54 Jahren schwimmen kann, dass es auch richtig sei, so wie man es tut. Denn immerhin hat man ja in 70er Jahren des letzten Jahrhunderts einmal ein Freischwimmerabzeichen gemacht. Ich habe mich ziemlich überwunden und bin zumindest ein paar Tempi mit der neu erlernten Technik geschwommen. Trotzdem, nach nicht einmal 10 Minuten bemerkte ich das erste Ziehen in der Halsgegend. Ein untrügliches Zeichen das Wasser wieder zu verlassen.

Der Schwimmkurs, der im Hotel Villa Postillion regelmäßig angeboten wird, dient auch als Vorbereitung für die Seedüberquerung. Ja du hast jetzt richtig gelesen, man kann den Millstättersee schwimmend überqueren. Das funktioniert vor allem auch deshalb weil es für diesen Kärntner See nur sehr wenige Motorbootlizenzen gibt. Natürlich schwimmt man nicht einfach so alleine los, sondern trifft sich am Samstag Vormittag zu einer gemeinsamen Seeüberquerung. Die wird seit über 30 Jahren vom Hotel Villa Postillion organisiert und wird von Booten und sogar der Wasserrettung begleitet.

Schwimmkurs für Erwachsene
Frau im Badeanzug
Hotel Villa Postillion

Immer am Samstag während der Saison, Seeüberquerungen

Nett dachte ich mir, für alle jene, die so etwas unbedingt machen wollen. Meine Nichtteilnahme war ja leicht durch meine Einschränkungen begründet. Ich habe ja leider auch ein Problem mit meiner Atmung, also, warum sollte ich mich auf so ein Unternehmen einlassen. Aber, durch die hauptsächlich beobachtende Teilnahme am Schwimmkurs konnte ich aus dieser Nummer nicht mehr hinaus. Hoteleigentümer Peter Sichrowsky hatte mir nämlich für den kommenden Tag einen Neoprenanzug organisiert und mir erklärt, ich solle doch wenigstens ein paar Meter mit schwimmen und dann wieder zurück in eines der Boote gehen. Das klang dann doch verlockend und vor allem auch sehr unaufgeregt.

Ruderboote als Begleitung, Elektroboot als Alternative

Mein Mann schlug die Hände über den Kopf zusammen und drohte unsere Kinder anzurufen. Als wäre das eine Drohung. Ich vermute er hatte eher davor Respekt die Strecke mit dem Ruderboot zurücklegen zu müssen. Also kamen wir überein, dass wir beim nahegelegenen Bootsverleih ein Elektroboot ausleihen könnten. Und so überraschten wir am nächsten Tag unsere kleine Gruppe mit unserer Luxusyacht zum vereinbarten Termin am Steg vor dem Hotel. Allgemeines Gelächter war da angesagt.

Millstättersee
mehrere Personen in einem Boot
Photo Markus Kirchgessner

Die richtige Atemtechnik

Gemeinsam mit den drei Ruderbooten peilten wird das gegenüberliegende Seeufer an. Das ist etwa über 1000 m entfernt. Immerhin ein Kilometer und ich bin mir ganz sicher, dass ich trotz großer Schwimmbegeisterung auch in meinem früheren Leben nie 1000 Meter in einem Stück geschwommen bin. Nach der Ankunft sprangen dann alle Schwimmer, mit mir waren es neun an der Zahl, motiviert ins Wasser. Seniorchef Ulrich Sichrowsky, der Begründer der Seeüberquerung, gab ein paar wichtige Anweisungen und Motivationen. Sein letzter Satz *Schauts, dass der Kopf mit dem Atem eines wird* war wie ein Aufruf für mich. Seit Jahren beschäftige ich mich mit Atemtechniken, die mir meinen Alltag erleichtern und somit weiß ich nur zu gut, wie sehr man mit Atmen Grenzsituatioenn gut umschiffen kann. Aber wie erwähnt, mein Plan waren ja ein paar Meter fürs Foto herumzuschwimmen und dann wieder ins Trockene zu hüpfen. Wie viele Meter das sein sollten hatte ich gedanklich nicht festgelegt. Soweit es halt gehen würde.


Pool in der Villa Postillion

Mehr über das Hotel Villa Postillion am Millstättersee


Mutig in die Fluten

Ulrich trank noch rituell ein Glas Seewasser , um die Wasserqualität zu verdeutlichen und schon stürzte sich die Gruppe ins Wasser. Der Neoprenanzug bremste doch ein wenig bis mehr, aber er schützte mich vor der milden Kälte. Wie lange wohl? Nach wenigen Minuten waren meine SchwimmkollegInnen gefühlte Kilometer von mir entfernt. Mein Mann kurvte bedächtig mit dem Boot hinter mir her, anstatt mich in dem Irrsinn zu unterstützen, bot er alle 10 Sekunden an, mich an Deck zu hieven. Ich glaube das war dann der richtige Ansporn für mich. Ich war zwar anfänglich sehr geneigt, wieder ins Trockene zurückzukehren, aber ich wollte noch meinen Atem in Einklang bringen. Und plötzlich stellte sich ein kaum beschreibbares Gefühl ein. Der Kopf wurde so frei, das Schwimmen fiel trotz Hindernis sehr leicht und die Kälte störte nicht mehr sonderlich. Ich würde das fast mit einer Meditation vergleichen. Irgendwann meinte ich zum Gatten, bis zur Mitte würde ich noch schwimmen. Die hatte ich nach gut 20 Minuten erreicht und es stellt sich kein Bedürfnis ein, das Unternehmen abzubrechen.

Schwimmer am Millstättersee
Photo Markus Kirchgessner

Fadesse und Aufregung

Meine MitschwimmerInnen gelangten teils schon ans Ufer, während ich noch mitten im gut 140 Meter tiefen See herumplantschte. Ich gestehe, dass es mit zwischendurch auch ein wenig langweilig war. Diese Langeweile wurde durch den öffentlichen Linienverkehr ein wenig unterbrochen. Ich sah das Schiff in weiter, in sehr weiter Entfernung in meine Richtung kommen. Es musste jedoch noch in Millstatt anlegen und ich wurde vor eine Entscheidung gestellt. Ins schützende Boot zurück oder doch mutig weiterschwimmen. Die Leserschaft hat vermutlich richtig geraten. Es war für mich mental zu spät, um abzubrechen. Was sollte schon passieren. Inzwischen waren zwei der Ruderboote zu mir zurückgekehrt und ich war somit durch drei Boote abgesichert. Mein Mann hatte mittlerweile in den Anfeuerungsmodus gewechselt und hatte gefühlte 10 Millionen Fotos mit dem Handy geknipst, die beinahe alle nicht verwertbar sind. Das kann in der Aufregung natürlich passieren.

Frau schwimmt durch einen See
Photo Markus Kirchgessner

In 54 Minuten über den See

Das Linienschiff legte übrigens erst nach meiner Ankunft am Ufer von der Station ab. Planmässig. Ich wurde am Strand von meinen KollegInnen und den übrigen Hotelgästen mit frenetischem Beifall und Zurufen begrüßt. Etwas über 54 Minuten habe ich dafür benötigt. Eine halbe Stunde nach dem Sieger. Der Rekord liegt übrigens bei ungefähr einer Viertelstunde.

Muss man nicht machen, macht aber Mut

Es stellt sich die Frage, muss man so etwas wirklich machen? Nein natürlich überhaupt nicht. Mir hat es aber wieder einmal gezeigt, wie gut es ist, sich auf Dinge einzulassen, die man nicht am Plan hatte, die man eigentlich gar nicht machen möchte und dann trotzdem zu großartigen Glücksgefühlen führen. Ich musste mich nicht sehr überwinden, ich hätte jede Sekunde abbrechen können und ich bin ehrlich stolz, dass ich dieses verrückte Unternehmen durchgezogen habe. Ich denke, das ist durchaus mutig.

Siegerpose
Photo Markus Kirchgessner

Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Pressereise in das Hotel Villa Posillion am See, Millstatt. Der Inhalt entspricht meiner persönlichen Meinung und ist nicht beeinflußt. Ferner bedanke ich mich bei Markus Kirchgessner für die gekennzeichnten Fotos.