Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 21:00

Ich denke ja bald vier Jahre  über dieses Thema nach. Meinen 50er wollte ich eigentlich immer sehr aufwändig und glamourös begehen, so hatte ich es zumindest in früheren Jahren im Visier. Dass ich dann tatsächlich diesen runden Geburtstag fern von der Heimat und dem größten Teil meiner Familie im Burgenland in einer onkologischen Reha-Klinik verbringen sollte, ist wieder ein anderes Thema. Die Zahl 50 hatte in dieser Zeit auch vollkommen an Bedeutung verloren, andere Lebensziele waren mir da wirklich wichtiger. Jetzt sind seit meiner Erkrankung fünf Jahre vergangen, ich gelte als geheilt, bin aber in vielen Belangen des Alltages eingeschränkt. Manche Defizite bekommen andere Menschen wenn sie den 80er überschreiten, ich kämpfe heute schon mit Schwerhörigkeit, Problemen mit der Zahnprothese, mangelndem Gefühl in den Fingern, Vergesslichkeit in Form eines Chemobrains und vor allem mit einer schweren Dysphagie.

FALTEN SIND NICHT SEXY

Das alles ist mein Alltag, damit lebe ich fast immer sehr gut.
Trotzdem hat sich neben diesen Unannehmlichkeiten so einiges altersbedingt eingeschlichen. Nicht alles empfinde ich als vorteilhaft. Allen voran, das erschlaffende Bindegewebe. Ich finde auch Falten nicht sehr sexy, auch wenn das heute als Zeichen für Weisheit und Reife angesehen wird. Körperliche Wehwehchen häufen sich. Da ein kleiner Ischias, dort ein Fersensporn. All das sind Belastungen, die man mit 30 noch nicht wirklich wahrnimmt oder schlicht einfach nicht kennt. Ich merke auch, dass man im Herzen noch so jung sein kann, manche Dinge passen nicht mehr in das Leben über 50. Ja, das sind im Großen und Ganzen gesellschaftliche Zwänge. Aber das Rebellentum und gegen den Strom schwimmen ist für mich auch so ein Ding für die Jungen. Ich bin keine Revoluzzerin mehr. Ich möchte eigentlich in Ruhe und Zufriedenheit leben, auch in schwierigen Zeiten, wie in diesen, in denen wir uns gerade befinden. Das bedeutet nicht, dass ich nichts mehr erleben oder erlernen möchte, ganz im Gegenteil.
Ich reise viel, gehe gerne aus und bin offen für Neues. Nur halt anders als früher. Zelturlaub oder Hotels ohne Komfort mag ich heute nicht mehr, da würde ich dann lieber Zuhause bleiben. Statt auf Rockkonzerte gehe ich heute lieber in die Festspiele und ins Museum. In die Disco würde ich auch heute noch öfter gehen, aber spätestens, wenn man das erste Mal hört, dass irgendein Junghüpfer fragt, was denn die Oma da machen würde, kommt man sich ein wenig fehl am Platz vor.

VERÄNDERTE ANSPRÜCHE

Auch meine Ansprüche beim Essen sind ganz anders, und das hat nicht nur mit meiner Esseinschränkung zu tun. Vielleicht haben sich die Zeiten diesbezüglich generell geändert und nicht nur ich. Qualität ist mir da besonders wichtig.
Selbst bei Kleidung hat sich die Einstellung verändert. Das liegt nicht nur an meiner großen Liebe zu Beige, das gerne als Pensionistenfarbe bezeichnet wird. Ich würde heute manches auf Grund meines fortgeschritten Alters nicht mehr tragen. Zum Beispiel Shorts oder kurze Miniröcke, obwohl ich immer noch sehr schlanke, wohlgeformte Beine habe. Ich fühle mich einfach nicht mehr wohl darin.
Oft bemerke ich auch, dass man seine Verhaltensweisen verändert. Ich bin bemüht, nicht als überwutzelte Alte dazustehen, das kann nämlich relativ schnell passieren, wenn man sehr viel mit Menschen der nächsten Generation unterwegs ist. Und das bin ich, einerseits, weil meine vier Kinder junge Erwachsen mit vielen Freunden sind, und andererseits gerade in der Bloggerszene der Altersschnitt unter 35 Jahren zu liegen scheint. Ja, ich werde tatsächlich manchmal gefragt, wie ich denn so mit dem ganzen Social Media Kram zurecht käme, als wäre es ein Wunder, dass ich überhaupt ohne Seniorenhandy unterwegs bin.

50PLUS IST RUHIGER UND TROTZDEM WUNDERBAR

Auch meine sportlichen Aktivitäten laufen in eine andere Richtung. Ich kann nicht mehr joggen, meine Fußgelenke möchten das nicht mehr. Dafür gehe ich in einem Tempo, bei dem kaum jemand mithalten kann, spazieren. Und wenn möglich, mindestens 10000 Schritte am Tag. Das sind gute 7 km. Sport spielt sich für mich hauptsächlich Indoor ab. Ich bin inzwischen eine leidenschaftliche Fitness-Club-Anhängerin, auch wenn ich mich manchmal selber motivieren muss. Was ich gerne wieder nach vielen Jahren Pause machen würde, das ist Schi fahren.
Und trotzdem ist das Überschreiten dieses magischen Alters auch sehr positiv besetzt. Erfahrungen machen tatsächlich weiser und klüger. Ich bin in vielen Dingen auch wesentlich gelassener. Vieles, das mich früher auf die Barrikaden gebracht hat, kann mich heute nicht mehr aufregen und hat schlicht an Wichtigkeit verloren. Meine Kinder sind tolle Erwachsene geworden und ich kann wieder ein freies, unbeschwertes Leben genießen. Nicht zu vergessen, wie wertvoll eine beständige Langzeitbeziehung ist, wenn man sich genügend Freiräume gönnt, die ich für absolut wichtig halte. Ich bin ja krankheitsbedingt in Pension, das bringt zwar finanzielle Nachteile, dafür aber unendlich viel wertvolle Freizeit, die ich auch sehr sinnvoll nütze. Ich engagiere mich noch wesentlich mehr  als früher ehrenamtlich und unterstütze diverse Projekte.
Auch wenn ich manchmal ein wenig sehnsüchtig an die Zeiten zwischen 30 und 40 denke, das war meine tollste Lebensphase, so ist dieses Jahrzehnt ein wenig ruhiger und trotzdem wunderbar.