Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 19:12

Ich läute gerade den elften Tag der Selbstquarantäne ein. Außer drei kleinen Spaziergängen in der unmittelbaren Umgebung, gehe ich nicht außer Haus. Ich gehöre zu einer der Risikogruppen und ich möchte weder mich, noch das Krankensystem gefährden.

Das bedeutet, ich sitze zu Hause und beobachte die Welt mit einem virtuellen Blickwinkel. Das mache ich schon lange. Bereits in meiner langen Krankheitsphase war meine Verbindung zu der Welt da draußen das Internet. 2011 war Facebook noch kein großes Thema. Instagram steckte in den Windeln und Twitter nur etwas für Menschen , die Botschaften in wenige Buchstaben verpacken konnten.

Vor 10 Jahren waren Foren die sozialen Medien

Damals trieb ich mich vorwiegend in einem Forum herum, das ganz ursprünglich ein Debattenforum auf ORF Online war. Dort hat man uns irgendwann des Hauses verwiesen, nicht so sehr, weil sich unser Grüppchen übel benahmen, sondern weil die rechtlichen Grundlagen nicht mehr vorhanden waren. Darum zogen wir fast geschlossen in eine privates Forum um. Und auch da wurde nicht nur debattiert und gescherzt, sondern auch handfest gestritten. teils so unter der Gürtellinie, dass sich die Zahl der Teilnehmer stark veringerte.

Große Hilfe durch soziale Kontakte

Ich muss explizit erwähnen, dass mir dieses Forum, während der langen Klinikzeiten außerhalb meiner Familie sehr viel Unterstützung brachte. Das war irgendwie mein Fenster zur Welt. Irgendwann, ich weiß nicht mehr wann und auch nicht mehr den genauen Grund, bin auch ich dort gegangen. Es hatte nicht mehr gepasst, ich hatte begonnen, die Querelen in meinen Alltag mitzunehmen und sogar meine Familie damit zu konfrontieren. Aus psychohygienischer Sicht ein Grund die Reißleine zu ziehen.

Arbeiten in der virtuellen Welt

Heute ist diese virtuelle Welt aus unserem Leben kaum mehr wegzudenken. Vor allem als BloggerIn oder Online UnternehmerIn mit vielen virtuellen Kontakten ist man nicht immer nur Freundlichkeiten ausgesetzt. Es ist oft unglaublich was sich wildfremde Menschen herausnehmen. Untergriffe, die weit über normale Kritik hinausgehen.

Derbe Beleidigungen, Angst und Verstörung

Mir wurde einmal vorgeworfen, dass ich über meine Social Media Kanäle junge Frauen suchen würde, die jene Flüchtlinge, die ich 2015/16 begleitet hatte, oral befriedigen sollten, weil ich das selber nicht mehr könnte. Dass die Ausdrucksweise unvergleichlich grober war, als ich es hier niederschreibe, brauche ich vermutlich nicht erwähnen.

Das hatte mich tagelang verstört. Noch mehr, es hatte mir große Angst gemacht. Ich hatte Bedenken, ob nicht plötzlich solche missgünstigen Menschen sogar vor meiner Haustüre stehen könnten? Ich traue mir zu sagen, dass die Chancen, dass Menschen die verbal im Internet um sich werfen, tatsächlich auch in der realen Welt attackieren, relativ gering sind.

Distanz herstellen

Ich habe damals Konsequenzen gezogen und habe mich aus jenen Facebook Gruppen verabschiedet, in denen ich Gefahr lief, mich solchen Kritiken auszusetzen. Gerade auf Facebook habe ich meine persönliche Blase, meinen Elfenbeinturm, bewohnt von Usern, von denen ich annehme, dass sie ähnlich denken wie ich. Das heißt nun nicht , dass ich nicht über den Tellerrand blicke, im Gegenteil, ich lese fremde Meinungen, ich lese sogar Kommentare in Medien, die nicht meiner Einstellung entsprechen. Aber ich mache es mit persönlicher Distanz. Ich lasse solche Meinungen nicht an mich heran.

Meine Psychohygiene, löschen und blockieren

Genauso verfahre ich mit unliebsamen Kommentaren am Blog oder in meiner Timeline. Sobald ich bemerke, dass mir jemand persönlich zu nahe kommt, lösche ich solche Schreibwerke. Früher habe ich darauf geantwortet und mich maßlos aufgerieben. Das hat manchmal zu durchwachten Nächten geführt.

Die Lösung lautet oft, aus den Augen, aus dem Sinn

Reiseblogger werden verbal attackiert

Ich habe in den letzten Tagen vermehrt gehört, dass Bloggerkollegen aus der Tavelszene öfter von Lesern beschimpft werden, weil sie nach wie vor Reiseberichte online stellen. Es gibt genug Kollegen, die sind Vollzeit Blogger und haben somit auch Aufträge von Kunden zu erfüllen. Auch Blogger haben diese zu erfüllen. Im besten Fall kann man mit Kunden vereinbaren, Artikel später zu veröffentlichen. Funktioniert halt nicht immer.

Manche Kollegen meinen es einfach nur nett und wollen der Leserschaft schöne Eindrücke vermitteln. Das bekommen offenbar mehrfach Menschen in die falsche Kehle. Statt einfach weiter zu klicken, machen sie sich die Mühe und schreiben beleidigenden Kommentare. Nicht nur unter Social Media Posts, sondern sogar als E-Mail.

Psychohygiene auf beiden Seiten erforderlich

Leute,kommt runter, das würde ich da gerne sagen. Das ist verschwendete Energie auf zwei Seiten. Nicht nur beim Sender, sondern noch viel mehr beim Empfänger.

Es ist durchaus verständlich, dass für uns alle die momentane Situation eine große emotionale Belastung ist. Aber der Weg, seinen Frust, seine Belastung und auch seine Ängste auf oftmals wildfremden Menschen abzuladen ist eindeutig der falsche. Dazu gibt es Fachleute, die dann auch befähigt sind professionell zu antworten. Die meisten Blogger haben keine Befugnis, die psychischen Probleme der Leser und Follower zu lösen.

Was kann ich als Blogger tun, um mich zu schützen?


Wenn es sich um strafrechtlich relevante Aussagen handelt, dann sollte man das auch zur Anzeige bringen. Selbst, wenn man das Gefühl hat, das würde nichts nützen, man schützt dadurch eventuell auch andere. Screenshot nicht vergessen, eventuell jemanden bitten, der ebenfalls einen machen kann.


Persönliche Angriffe und Beleidigungen nicht beantworten, auch wenn es ganz schwer fällt. Und wenn es möglich ist, auch löschen. Sind es User, die das öfter machen, entfreunden und sperren.


Wenn der Druck zu groß ist, sich mit einer Vertrauensperson aussprechen, aber trotzdem möglichst schnell abschließen.


Den Ärger aufschreiben und das Blatt Papier verbrennen. Das mag sehr esoterisch klingen, aber es kann tatsächlich helfen.


Und dann natürlich entspannen und atmen. Wer solche Übungen zur Hand hat, ist im Vorteil. Oft hilft es schon, sich vom Lap Top oder PC zu entfernen, oder das Handy aus der Hand zu legen und ein paar ganz tiefe, konzentrierte Atemzüge zu machen.


Ein Ablenkung in Form einer Belohnung kann hilfreich sein. Das kann tatsächlich ein Stück Schokolade oder ein gutes Glas Wein sein. Und das ist jetzt kein Aufruf sich zu betrinken!


Wir sollten auch manchmal unser eigenes Verhalten überdenken, wie oft kritisieren wir selbst aus der Ferne fremde oder auch bekannte Menschen. Und zwar in einer Form, in der wir es persönlich nicht machen würden.