Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 19:13

Vom Klosterleben am Salzburger Kapuzinerberg. #salzburg #kloster #österreich #reise

Instagram ist durchaus bekannt dafür, dass man auch real Menschen kennen lernen kann. Das ist mir inzwischen schon mehrmals passiert. Meist sind es Frauen in meinem Alter, oder einfach KollegInnen aus der Bloggerszene. Ich muss ehrlich sagen, charmante US Generäle und knackige Piloten verfolgen mich zum Glück auf Instagram eher nicht, die tummeln sich dafür auf meinem Facebook Profil herum. Oft genug kontaktieren mich auch Menschen, die, so wie ich, entweder eine Krebserkrankung hatten oder mit Schluckproblemen kämpfen.
Dass mich allerdings ein junger Kapuziner Pater ins Kloster einlädt, das finde ich dann doch eher sehr ungewöhnlich.

Blick auf die Müllner Kirche in Salzburg

Blick auf Festung Hohensalzburg und Altstadt

Einladung ins Kapuziner Kloster

Das muss ich ein wenig erläutern. In Salzburg hat nach monatelanger Umbauphase die schönste Hotel-Terrasse wieder eröffnet. Ich war einige Male dort, aber nie so richtig vom Service beglückt. Ich werde dem Lokal trotzdem noch Chancen einräumen. Jedenfalls habe ich ein Foto von einem meiner Besuche auf der Dachterrasse mit dem schönsten Blick auf die Altstadt auf Instagram gepostet. Wenig später las ich folgenden Kommentar: *Bei uns hat man aber den besseren Blick auf die Stadt*. Man muss dazu wissen, dass die Salzburger Stadtberge bis auf ganz wenige Häuser nicht bebaut sind, deshalb wurde ich neugierig, wo den der bessere Blick auf die Stadt sein könnte. Und siehe da, Überraschung, der Absender entpuppte sich als Novize im Kapuziner Kloster am Kapuzinerberg.

Aufgang Kapuzinerberg

Treppe zum Kapuzinerkloster

Unbeschreiblicher Blick über der Stadt

Und tatsächlich hat man von dort oben einen atemberaubenden Blick auf die Stadt. Alleine, als  normaler Stadtbewohner hat man nicht wirklich die Möglichkeit dort im Klostergarten herumzuspazieren. Das teilte ich Julian in einem Insta-Chat auch mit, worauf ich eine nette Einladung in das Kloster erhielt.
Das war natürlich mehrfach überraschend. Zum einen war mir nicht bewusst, dass Menschen, die sich einem klösterlichen Leben widmen, Zugang zu so profanen Dingen, wie Instagram haben und dort auch reichlich aktiv sind, zum anderen wusste ich auch nicht, dass das Kloster offen für Besuche von außen ist. Es gibt in Salzburg auch Beispiele, dass das nicht immer der Fall ist.
So machte ich mich an einem Sonntag Nachmittag auf den steilen Weg hinauf zum Kloster. Was mich dort erwartete, war mehr als erstaunlich. Ja, der Blick über Salzburg ist von dort aus wirklich umwerfend, anders als jener, den man rund ums Kloster erhaschen kann.

Klostergarten Kapuzinerkloster

Terrasse Kapuzinerkloster

Bemerkenswerter junger Mann

Und ich traf auf einen bemerkenswerten jungen Mann, der trotz seiner religiösen Lebenseinstellung, alles andere als weltfremd ist. Es ist natürlich schon außergewöhnlich, dass ein junger Mensch, Julian ist seit kurzem 23, sich für ein Klosterleben entscheidet, gegen eine Lebenspartnerschaft, gegen Kinder, gegen Spaß und Fun, von dem viele glauben, er wäre das Wichtigste im Leben. Mehrfach fielen die Worte Brüderlichkeit, Hilfe und Verantwortung. Und das alles klang für mich aus dem Mund dieses jungen Mannes so ehrlich, reif und wohlüberlegt. Natürlich kam auch Gott ins Spiel, etwas, zu dem ich keinen Zugang habe, ich empfand es aber während unseres langen Gedankenaustausches nicht wirklich abwegig. Er räumte auch ein, dass manchmal auch Zweifel seine Gedanken beherrschen, wie vermutlich bei jedem Menschen, wenn er über seine Entscheidungen nachdenkt. Ein Jahr wird er noch in Salzburg verbringen, bevor er dann wider über Umwege zurück in sein Stammkloster gehen wird. Sein Ziel ist es Priester zu werden. Neue Medien und Social Media gehören zu seinen Interessen, die er eventuell auch in seinem Berufsumfeld mehr einbringen möchte.

Es beeindruckte mich auch sehr, welch großes historisches Wissen Julian sich angeeignet hatte, obwohl er noch gar nicht so lange in Salzburg ist. Dabei besteht sein Tag nicht wirklich nur aus beten, forschen und studieren. Kapuziner haben den heiligen Franziskus als Vorbild, leben von Spenden und arbeiten teils in weltlichen Berufen. Wie etwa Lehrer.

Blick aus dem Fenster

Als Gast im Kloster

Neben tiefsinnigen Gesprächen konnte ich noch so manchen Blick in das Innere des großen Gebäudekomplexes erhaschen. Die Kapuziner bieten auch die Möglichkeit eine Woche im Kloster zu leben, das ist auch für Frauen möglich. Ich würde jedoch sagen, dass dafür auch eine religiöse Ausrichtung notwendig ist. Das Kloster sieht sich jedoch nicht als Hotelbetrieb, auch wenn die Gäste, dort als Herbergsgäste betrachtet werden. So nimmt man in etwa die Mahlzeiten gemeinsam ein.

Bibliothek im Kapuzinerkloster

Refektorium Kapuzinerkloster Salzburg

Krypta

Historisch interessant

Natürlich ist der gesamte Komplex auch geschichtlich sehr interessant, die ältesten Gebäudeteil stammen aus dem 11. Jahrhundert und waren Teile des Trompeterschlössel. Erzbischof Wolf Dietrich holte die Kapuziner 1596 nach Salzburg und liess das Schloss umbauen.
In der unseligen Zeit im letzten Jahrhundert sollte übrigens das gesamt Areal geschleift werden und stattdessen ein überdimensional großes Gauforum und einem neuen Festspielhaus gebaut werden. Man kann nur sagen, zum Glück ging das Geld aus.

Zisterne im Kapuzinerkloster

Kirche Kapuzinerkloster

Altar Kapuzinerkloster

Mein Resümee zu diesem Nachmittag: es ist für mich immer wieder erstaunlich welche Begegnungen ich durch mein virtuelles Dasein erfahre. Ohne Blog und Social Media wären mir schon sehr viele Ein- und auch Ausblicke verwehrt geblieben.

Ich wünsche Bruder Julian auf diesem Weg alles gute für seinen ungewöhnlichen Lebensweg.

Ehemaliger Weg in die Stadt Salzburg