Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 19:09

Stop Nummer zwei meiner winterlichen Reise in die Emilia-Romagna war Ravenna. Man kann die Stadt durchaus als eine der kunsthistorischen Wiegen Europas bezeichnen, was auch durch die Auszeichnung UNESCO-Weltkulturerbe unterstrichen wird. Die Anzahl der byzantinischen und frühchristlichen Baudenkmäler ist beeindruckend.

Basilika San Vitale

In knapp zwei Tagen ist es auch unmöglich alle zu besuchen, so haben wir uns die wichtigsten vorgenommen und sind knapp nach unserer Ankunft gleich Richtung Basilika San Vitale spaziert. Seit 1960 darf sich die Kirche als Basilica minor bezeichnen. Dieser sakrale Bau stammt aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Ich frage mich ja immer bei so alten Gemäuern, wie man ohne heutiger Technik so etwas erschaffen konnte. San Vitale ist vor allem wegen seiner großartigen Mosaike bekannt, die ebenfalls aus dieser Zeit stammen.

Wir waren sehr bevorzugt, denn Pandemie und Jänner bedeuteten, dass außer uns kaum Menschen in der Kirche waren. Dadurch konnten wir die Pracht der Mosaike noch stärker auf uns wirken lassen. Wir hatten das große Glück von einer Stadtführerin begleitet zu werden, die uns die Geschichte Ravennas näher brachte.

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Basilika San Vitale in Ravenna

Mausoleum der Galla Placidia

Nur wenige Meter entfernt befindet sich das Mausoleum von Kaiserin Galla Placidia, die im 5. Jahrhundert über das Weströmische Reich herrschte. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt, dass sie tatsächlich dort begraben wurde. Auch wenn das Gebäude von außen sehr unscheinbar wirkt, im Inneren befinden sich die ältesten Mosaike von Ravenna. Hier kommt man aus dem Staunen kaum heraus, besonders das Deckengewölbe, das mit einem tiefblauen Sternenhimmel verziert wurde, hatte es mir angetan.

Das unscheinbare Äußere des Mausoleums der Gallia Placidia

Mosaikkunst heute

Mosaike spielen auch heute noch eine große Rolle und an beinahe jeder Straßenecke kann man Mosaike kaufen. Dabei gibt es große Qualitätsunterschiede. Wir durften im Atelier von Anna Fietta ein wenig hinter die Kulissen blicken und vor allem über die Arbeit mit den kleinen Glassteinen mehr erfahren. Bei Anna kann man auch Kurse belegen oder Kunstwerke in Auftrag geben. Seit 2009 gestaltet sie auch die neuen Straßenschilder in der Altstadt von Ravenna.

Baptisterium der Kathedrale von Ravenna

Und schon ging es weiter, um ein paar Mosaiksteine reicher, Richtung Neonischer Taufkapelle, auch bekannt als Baptisterium der Orthodoxen. Der einfache, achteckige Ziegelbau wurde direkt neben der Kathedrale von Ravenna errichtet. Beim Betreten richtet man unweigerlich die Augen wieder einmal zur Decke, denn dort liegt die wahre Pracht des Gebäudes. Mosaike, wie sollte es auch anders sein. Interessant ist hier, dass das Bodenniveau im Laufe der Zeit um ganze drei Meter nach oben verschoben wurde, was zu einer leicht verzerrten Perspektive des Deckenmosaiks führt.

Dantes Grabstätte

Was wäre wohl Ravenna ohne Dante? Noch besser gefragt, was wäre die italienische Sprache ohne Dante Alighieri? Der berühmte Dichter und Philosoph stammte ursprünglich aus Florenz und führte Altitalienisch in der Literatur ein. Bis dahin galt Latein als führende Sprache. Als bekannteste Werk gilt auch heute noch die Göttliche Komödie. Bei unserem Besuch konnten wir uns davon überzeugen, wie sehr der Dichter auch noch immer verehrt wird. Übrigens wurden seine Gebeine während des WK II unter einem Grabhügel, unweit des Grabmales versteckt.

Menschenansammlung vor dem Dante Grabmal in Ravenna
Ehemaliges Grab von Dante während des Zweiten Weltkrieges

Piazza del Popolo

Als pulsierendes Zentrum der Stadt darf man sicher die Piazza del Popolo bezeichnen. Entstanden ist der Platz erst im 15. Jahrhundert unter der Herrschaft der Venezianer. Daran erinnern auch die zwei markanten Säulen, die als Anlehnung an den Markusplatz in Venedig errichtet wurden. Zahlreiche Lokale reihen sich um den Platz und auch im Jänner findet man ein buntes Treiben vor.

Piazza del Popolo, Hauptplatz von Ravenna

Baptisterium der Arianer

Da es in der Spätantike in Ravenna zwei verschiedene christliche Strömungen gab, wurden auch zwei Taufkapellen errichtet. Neben der Kapelle bei der Kathedrale kann man auch heute noch das Baptisterium der Arianer besuchen. Kleiner und schlichter wirkt das Gebäude, obwohl der Arianismus damals als Hofreligion fungierte. Aber auch hier findet man wieder zahlreiche Mosaike, sie sind jedoch wesentlich einfacher gestaltet, als in anderen sakralen Bauten Ravennas.

Museo d’Arte di Ravenna (MAR)

Ein weiterer Spaziergang führte uns zum Ravenna Art Museum (MAR), das leider am Sonntagvormittag geschlossen ist. Aber zumindest im öffentlichen Raum, vor dem Museum, gibt es ein paar Ausstellungsstücke zu bewundern. Außerdem kann man einen Blick in die danebenliegende Basilica di Santa Maria del Porto werfen.

Museo d’Arte di Ravenna mit der Basilica di Santa Maria del Porto

Unbedingt ansehen: die Maximianskathedra

Auch wenn man nicht das gesamte Museo arcivecovile, erzbischöfliches Museum, besuchen möchte. Aber ein Abstecher dorthin zahlt sich aus. Der Grund dafür ist der Bischofsstuhl aus dem 6. Jahrhundert, er besteht komplett aus fein bearbeiteten Elfenbeintafeln. Der Stuhl hat eine sehr wechselhafte Geschichte und war auch für eine Zeit verschollen. Vor rund hundert Jahren wurde er quasi wiederentdeckt und in den 1950er Jahren umfassend restauriert. Die Holzumfassungen wurden dabei durch Plexiglas ersetzt.

Mausoleum von Theoderich

Wenn man geschichtlich interessiert ist, dann zahlt es sich aus, noch hinter den Bahnhof zu spazieren, um dort das Mausoleum von Theoderich, dem Ostgotenkönig zu besichtigen. Der zweigeschossige Bau war bei unserem Besuch geschlossen. Ich kann nicht eindeutig sagen, ob es mit der Jahreszeit oder der Pandemie zusammenhing. Angeblich ist das Innere nicht besonders interessant, eher karg ausgestattet. Wenn man davor steht, ist das Grabmal jedoch sehr außergewöhnlich und imposant. Immerhin ist der Bau rund 16 Meter hoch. Es erinnerte mich an eine schwere Krone. Dem König der Ostgoten begegnet man auch ganz in der Nähe des MAR, dort befinden sich gleich neben der Basilica di Sant’Apollinare Nuovo die Überreste des Palazzo di Teoderico.

Das Grabmal von Teoderich in Ravenna
Imposante Überreste vom Palast von Teoderich in Ravenna

Hotel Chez Papa

Wer nicht nur auf der Durchreise ist, sondern ein paar Tage in Ravenna bleiben möchte, dem kann ich das kleine Boutiquehotel Chez Papa wärmstens empfehlen. Das Hotel ist in einem kleinen Palazzo untergebracht und hat nur wenige, sehr geschmackvolle Zimmer, in denen auch teils Familien mehr als genug Platz finden. Der größte Vorteil ist die Lage mitten in der Altstadt. Genau gegenüber befindet sich eine Garage. Für die Zufahrt zum Hotel benötigt man eine Genehmigung, da in der Altstadt Fahrverbot herrscht.

Bilder in einem Zimmer bei Chez Papa

Essen in Ravenna, der Mercato Coperto

Wir waren ja nur für rund 24 Stunden in Ravenna, da blieb lediglich Zeit für ein ausgiebiges Abendessen, das wir im Mercato Coperto eingenommen haben. Der Mercato ist ein hipper Treffpunkt, an dem man nicht nur essen, sondern auch exquisit Lebensmittel einkaufen kann. Ich bin überzeugt, dass man auch in Ravenna, ähnlich wie in Ferrara noch unzählige großartige Lokale findet.

Lokal im hippen Mercato Coperto in Ravenna

Mein Fazit zu Ravenna

Wieder einmal frage ich mich, warum war ich dort nie zuvor? Eine Stadt, in der man so viel Kulturgeschichte auf engen Platz findet. Ich war wirklich überwältigt, auch von meinem vergessenem Schulwissen. Dante, Teoderich, Ostgoten, byzantinische Kunst, all das und noch mehr sind in den wenigen Stunden wieder aufgetaucht. Für Ravenna sollte man sich zumindest drei Tage nehmen, um nicht, wie wir von einer Sehenswürdigkeit zur anderen zu hetzen und vieles nur von außen zu sehen. Und um auch ein wenig mehr in die Kulinarik einzutauchen.

Hier kannst du über meine Erlebnisse mit meiner Freundin Viki von Chronic Wanderlust in Ferrara nachlesen.

Noch mehr zu Ravenna findest du bei Marcus und Gina

Transparenzhinweis: diese Reise entstand mit organisatorischer Unterstützung von emiliaromagnaturismo. Der Inhalt ist unbeeinflusst und entspricht meiner eigenen Meinung und Wahrnehmung.