Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 19:16

Es scheint so, als würde es sich einbürgern, dass mit einigen Monaten Abstand irgendein Stillstand in meinen Alltag einkehrt.
War es letztes Jahr dieser leidige Darmverschluss, der mich im Frühsommer für einige Wochen aus der Bahn geworfen hat, oder die Jahre davor das permanente Theater mit den strahlengeschädigten Zähnen, so verfolgt mich seit Frühjahr mit einer Unterbrechung im Sommer, wieder eine gewisse Atemproblematik. Vermeintlich keine Luft zu bekommen gehört zu den uncharmantesten körperlichen Zuständen, die man sich vorstellen kann. Damit werde ich vermutlich leben müssen. Es gibt kein adäquates Mittel, dass diese Atemnot, verursacht durch zu viel Schleim, wirklich behebt. Ja, unzählige kleine und Massnahmen, die die Situation ein wenig erleichtern, aber den Alltag irgendwie aufhalten.

UND WIEDER EINMAL AUF DER NOTAUFNAHME

Wäre das nicht schon genug, so hat mich der Darm wieder an seine Existenz erinnert. Und zwar mit so derartigen Krämpfen, dass ich vorige Woche wieder einmal auf der Notaufnahme gelandet bin. Meine Krankenvorgeschichten lassen die Alarmglocken immer besonders laut schrillen und bei irgendwelchen Auffälligkeiten finde ich mich dann in der Klinik wieder. Ich bin natürlich froh, dass man mit mir so umsichtig umgeht und so viel Vorsicht walten lässt.
Aber all diese gesundheitlichen Zwischenfälle nerven nicht nur ungemein, sondern sie lassen den Alltag meist still stehen. So wie jetzt. Die Befürchtung eines neuerlichen Darmverschlusses hat sich zum Glück nicht bewahrheitet, dafür wurde eine Entzündung diagnostiziert, die die Einnahme starker Medikamente mit sich zieht.

SPÄTFOLGEN DER THERAPIEN?

Natürlich stellt sich die Frage, warum ständig irgendwelche gesundheitlichen Probleme auftreten. Es ist vermutlich nicht ganz von der Hand zu weisen, dass es sich hier um Spätfolgen der Therapien nach meiner Krebserkrankung handelt. Mit Langzeitfolgen kämpfe ich ja schon seit sechs Jahren, aber die sind in meinem Alltag integriert und stören mich nur selten.
Man darf nicht vergessen, mit welch starken Geschützen damals geschossen wurde. Ich hatte 36 Bestrahlungen im Kieferbereich, an die exakte Stärke kann ich mich nicht mehr erinnern, aber es war eine hohe Dosis und ich wurde mit Cisplatin behandelt, das als besonders giftig gilt. So viel ich weiß, gibt es diese Behandlungsform heute nicht mehr, sondern es  wird noch viel mehr an den einzelnen Patienten angepasst, um die Schäden am gesunden Gewebe zu minimieren.

KEINE NACHSORGE FÜR LANGZEITÜBERLEBENDE

Nach fünf Jahren Tumorfreiheit wird man auch aus der onkologischen Betreuung entlassen. Ich weiß noch ganz genau, wie bewegend dieser Tag vor einem Jahr war. Heute muss ich sagen, es wäre gut, wenn es auch eine Nachsorge für Langzeitüberlebende geben würde. Da ist die Medizin vermutlich noch ein wenig überfordert, weil man zu dieser Thematik noch keine großen Erfahrungen hat. Besonders bei so seltenen Krebsformen, wie Zungenkrebs.
Jedenfalls bin ich seit Tagen mit Tabletten zugedröhnt. Irre kopflos in der Gegend herum, sofern ich nicht überhaupt den halben Tag auf der Couch verschlafe.
Untätigkeit gehört nicht zu meinem Lebensplan. Diese momentante Verblödung, inklusiver massiver Wortfindungsstörungen ärgert mich ziemlich. Auch dass ein virtueller Berg Arbeit herumliegt.
Die Medikamenteneinahme endet heute und ich hoffe schwer, dass ich mein Leben kommende Woche wieder reloaden kann.