Zuletzt aktualisiert am 29. Januar 2024 um 13:09

Mein heutiger Interviewpartner ist sozusagen ein ehemaliges Pflegekind und kommt mich heute noch spärlich besuchen. Um genau zu sein, Jan Köllges ist ein Freund meines jüngsten Sohnes Dorian und hat in seinen Jugendjahren so manche Woche oder auch mehr bei uns verbracht. Jan wurde in Köln geboren, hat seine Wurzeln mütterlicherseits in Uruguay und ist mit gut 10 Jahren nach Salzburg gekommen. Für einige Monate hat er in Argentinien gelebt, bevor er wieder nach Salzburg zurückkehrte.
Jan ist seit vielen Jahren Statist auch bei den Salzburger Festspielen und er hat mich ein wenig hinter seine persönlichen Kulissen blicken lassen.

Jan, du bist auch heuer wieder bei den Salzburger Festspielen als Statist engagiert, in welcher Rolle bist du zu sehen?
Dieses Jahr bin ich tatsächlich in mehreren Rollen zu Gange. Ich bin jetzt in Aida, da sind wir mitten in den Aufführungen, da mime ich einen äthiopischen Sklaven. Da gibt es mehrere Gruppen, die bestehen aus den Statisten, den Chorleuten und es gibt auch Tänzer.
Bei Lear gibt es auch eine Rolle für mich. Das sind wir noch vor der Generalprobe. Am 16. Ist die Orchesterprobe. Ich habe in diesem Stück eine sehr konkrete Rolle, das möchte ich aber nicht näher ausführen.

Heuer ist der sehr selten Fall, dass ich an zwei Opern teilhaben kann. Es wird normalerweise davon abgeraten, dass man an mehreren Stücken teilnimmt, weil sich üblicherweise die Proben und Aufführungen überschneiden.

Seit wann probt ihr heuer schon?
Heuer proben wir seit Anfang Juli, je nach Produktion beginnen wir, so wie heuer in Proberäumen bei der Messe. Da wird ein provisorisches Bühnenbild aufgebaut und die Szenen im Groben geprobt. Nach ca. 2 Wochen werden dann die Proben ins Festspielhaus verlegt. Bei den Proben in der Messehalle sind vom Regisseur bis zu den Bühnenarbeitern von Anfang an alle Mitwirkenden im Einsatz.

Seit wann arbeitest du als Statist, insbesondere bei den Festspielen?
Lass mich nachdenken? Wenn ich mich genau erinnere, dann war das 2009. Das war meine erste Produktion im Festspielhaus, danach habe ich noch sechs oder sieben weitere Produktionen gemacht. 2010 Orfeo ed Euridice, dann Carmen 2012 und auch Exterminating Angel 2016. Und natürlich 2015 Die Eroberung von Mexico.
Das ist schon ein fixer Bestandteil meines Sommers geworden.

Was war bisher deine schönste Statistenrolle?
Würde fast sagen Die Eroberung von Mexico, weil man da nämlich auch als Statist eine immense Verantwortung hatte. Da war man als Teil des Bewegungschors eingestellt. Man hatte da auch ein Instrument in der Hand. Das war eine großartige Erfahrung.

Wie kommt man überhaupt zu einer Statistenrolle?
Ich mach’ das ja schon ewig und es ist eigentlich immer derselbe Prozess. Man geht da ganz normal zu einem Casting. Da wird man nach Bedarf und auch nach Typ eingestellt. Die Castings werden ausgeschrieben. Man liest das in den Tageszeitungen. Wenn man jedoch bereits in der Kartei ist, dann erhält man die Infos direkt.

Was war in deiner bisherigen Statistenlaufbahn dein unvergesslichster Augenblick?
Ich weiß nicht, es ist so viel Verrücktes in den ganzen Produktionen passiert, ich würde sagen, ich hatte einmal einen kleinen Unfall, ich bin von der Bühne gefallen. Es war in Die Eroberung von Mexico. Vielleicht war das auch deshalb so eine lustige Produktion. Um das zu verbildlichen. Es gab einen Raum, der aus einem Berg aus Autos bestand. Auf dem mussten wir auch herumklettern. In einem bestimmten Augenblick mussten wir schnell von der Bühne abgehen, also rennen. Der Abgang war sehr chaotisch. Meine Hose hing bei meinen Knien und in dem Trubel hat ein Kollege unabsichtlich einen Aschenbecher, der eine Requisite war, in mein Hosenbein geworfen. Und genau über diesen Aschenbecher, der sich in meinem Hosenbein verfangen hatte, bin ich so unglücklich gestolpert, dass ich von der Bühne gefallen bin. Zum Glück nicht in den Orchestergraben. In einer Tuba zu landen, wäre nicht eine so gute Erfahrung gewesen. Es hatte aber zum Kontext der Szene gepasst und somit ist es nicht als Unfall aufgefallen. Mir hat danach nur das Knie weh getan.

Ich weiß ja, dass du seit einiger Zeit auf der FH in Puch bist, welche Ausbildung machst du da genau?
Ich studiere Mulitmedia Art und der Fachbereich ist Film. Im weitesten Sinne mache ich Regie. Drehbuch schreiben ist eine meiner weiteren Hauptarbeiten. In einem Jahr beende ich mein Bachelorstudium und der Plan wäre dann auch noch den Master zu machen. Und zwar im Bereich Producing und Management.

Wo möchtest du dich in 10 Jahren sehen? Bist du dann der Regisseur von Aida bei den Festspielen?
In 10 Jahren ist natürlich schwer zu sagen. Am liebsten würde ich natürlich vorrangig arbeiten. Natürlich wäre die Arbeit in der Regie überaus erfüllend. Meine Ausbildung geht eher in die Richtung Film, aber ich würde die Arbeit in der Oper in keiner Weise ablehnen. Ich habe eine große Liebe zu Theater und Oper.

Das heißt, du hast eine große Affinität zu den Werken, in denen du als Statist mitwirkst?
Ja, absolut. Ich glaube, ein Regisseur sollte auch Grundkenntnis des Schauspiels beherrschen, um zu lernen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und um ein Gefühl zu haben, für die Schauspieler. Ich liebe es auch zu spielen, auch wenn das nur Kleinigkeiten bei den Festspielen sind. Während der Schulzeit war das sogar ein Gedanke, ins Schauspiel zu gehen. Später habe ich gemerkt, auch durch meine Malerei, dass mir das Bilder schaffen sehr liegt. Ich habe auch eine Freude am Geschichten erzählen, und das vereint sich gut in der Regiearbeit. Ja, mir liegt das Bilder machen.

Lieber Jan, aus sehr persönlichen Gründen wünsche ich dir ganz viel Glück und Erfüllung auf deinem weiteren Lebensweg.

Aribert Reimann, Simon Stone, Franz Welser Möst

Ich durfte gestern dem Terrassen Talk mit Aribert Reimann, Franz Welser-Möst und dem erst 33jährigen Regisseur Simon Stone auf der Presseterrasse der Festspiele lauschen.  Reimann ist der Komponist der Oper Lear, die unter dem Dirigenten Welser Möst am 20. August in der Felsenreitschule Premiere feiern wird. Simon Stone wird demnächst nach Hollywood aufbrechen.  Lear entstand übrigens  1976-78.

Man kann über eine Oper oder auch ein Theaterstück kaum mehr in so kurzer Zeit so viel erfahren wie bei einem derartigen Talk.

Die Begleitung

Regiearbeit und Darsteller Jan Köllges. In einer weiteren Rolle sieht man einen zweiten Freund meines jüngsten Sohnes, Jakob Elsenwenger, der schon mehrfach im Fernsehen zu sehen war.