Zuletzt aktualisiert am 7. Januar 2023 um 20:57

Auch heute noch, fast sechs Jahre nach meiner Krebsdiagnose, fragen mich oft Menschen, was ich glaube, weshalb ausgerechnet ich an einem Zungenkarzinom erkrankt bin. Die meisten sind dann sehr erstaunt, wenn ich erkläre, dass ich mir genau diese Frage nach dem Warum niemals gestellt habe. Ich habe mich nicht gefragt, warum ausgerechnet ich und auch nicht, warum ich überhaupt an dieser seltenen Krebsform erkrankt bin. Auf das Warum ich gibt es für mich ohnedies keine Antwort. Es bedeutet für mich verschwendete Energie darüber zu grübeln. Auch die Frage ob es einen Grund gäbe, dass ich überhaupt erkrankt bin, finde ich für mein heutiges Leben irrelevant, denn ich kann an der Erkrankung und seinen Folgen nichts mehr ändern.

HAST DU GERAUCHT?

Oft kommt die Frage, ob ich denn geraucht hätte, die ich mit ja beantworten muss. Dass Rauchen ein Risiko darstellt ist mir natürlich bewusst. Ich empfinde es trotzdem als Zumutung, wenn ich dann Schuldzuweisungen in Form von *Ah, dann kann mir sowas ja nicht passieren, ich rauch‘ ja nicht!* zu hören bekomme. Die Schuldzuweiser könnten eigentlich gleich sagen *Ja, selber schuld!* Das wäre zumindest eine ehrliche Aussage, denn genau das wird gemeint. Tatsächlich helfen derartige Unterstellungen in der Krankheitsbewältigung in keiner Weise, egal von wem sie kommen. Das Fazit kann nur sein, aus Fehlern zu lernen, und solche Risiken in Zukunft zu vermeiden. Es macht tatsächlich null Sinn sich im Nachhinein noch Vorwürfe zu machen. Man kann die Vergangenheit schlicht nicht umkehren. Darum habe ich mir angewöhnt, Energie in das Jetzt und in die nahe Zukunft zu stecken.

SEELISCHE KRISEN ALS URSACHE?

Ich glaube auch nicht, dass Krebs durch seelische Krisen hervorgerufen wird. Viel mehr verursachen psychische Belastungen jeglicher Natur oft ein instabiles Immunsystem, das wiederum einer Erkrankung zum Ausbruch verhelfen kann, aber keinesfalls muss. Dieser Umstand ist sicher ein Grund für eine gute Psychohygiene zu sorgen. Seinem Leben einen positiven Sinn verleihen, Kleinigkeiten erkennen und sich darüber freuen und nicht ständig nur Negatives sehen, das kann nicht nur in der Krankeitsbewältigung hilfreich sein, sondern generell als Strategie im Alltag angewendet werden. Wer ständig nur meckert und sich selbst bejammert verliert den Blick für Schönes.

WARUM WIRD NACH DEM WARUM GEFRAGT

Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht warum man nach dem WARUM fragt. Als Betroffener möchte man vermutlich eine Erklärung finden. Es gibt wenige Krebsarten die tatsächlich durch Risikofaktoren ausgelöst werden können. Und noch viel seltener durch genetische Dispositionen. Die meisten onkologischen Erkrankungen sind schlichtweg Pech. Was soll es also bringen, dieses Pech zu hinterfragen? Man wird keine befriedigende Antwort finden. Und das ruft wiederum nur Frust und Stress hervor. Beides nicht sonderlich förderlich für ein positives und gesundes Leben.
Nicht-Betroffene stellen die Warum-Frage, um ganz schnell für sich eine Antwort zu finden, weshalb sie selber vermeintlich niemals betroffen sein könnten.
Ich kann nur raten diesen Warum -Fragen keinen Raum zu geben. Und vor allem bei wertenden Statements, wie etwa *Das kann mir nicht passieren, weil…….* sofort zu reagieren und sich davon abzugrenzen.

Krebs ist keine Strafe!